Schloss Waltershausen

867 wird „Waltradehus“ in einer Urkunde des Klosters Fulda erstmals erwähnt. 1258 tritt zum ersten Mal das Rittergeschlecht derer von Waltershausen in Erscheinung.

Nach dem Tod von Antonius von Waltershausen im Jahr 1448 geht das Schloss in den Besitz der reichen und alten Adelsfamilie Marschalk von Ostheim über, die über drei Jahrhunderte dort residiert. Von 1619 bis 1627 lässt Georg Philipp Marschalk von Ostheim auf den Fundamenten einer alten Burg die jetzige Schlossanlage zunächst einstöckig errichten. Etwa 100 Jahre später wird ein zweites Stockwerk aufgesetzt. Besonders hervorzuheben ist der dabei entstehende Rokokosaal, geplant vom berühmten Architekten Balthasar Neumann. Dieser große Stucksaal gehört zu den feinsten Schöpfungen des fränkischen Rokoko und weist in seiner kunsthistorischen Bedeutung weit über Rhön-Grabfeld hinaus.

Nach dem frühen Tod des letzten männlichen Abkömmlings der Waltershäuser Marschalke von Ostheim erben vier verwaiste Schwestern den Besitz. Als Verwalter wird der entlassene und stark umstrittene Weimarer Kammerpräsidenten Johann von Kalb eingesetzt. Johann von Kalb nimmt eine der vier Schwestern zur Frau. Sein Bruder Heinrich, Offizier in französischen Dienste, tut es ihm gleich und heiratet 1783 Charlotte Marschalk von Ostheim.

Die intellektuelle Charlotte von Kalb steht mit fast allen großen Deutschen der damaligen Zeit in regem Briefwechsel. So lernt sie ein Jahr nach ihrer Hochzeit Friedrich Schiller kennen, mit dem sie fortan eine innige Freundschaft verbindet. Das Ehepaar Kalb nimmt seinen Wohnsitz in Waltershausen und Charlotte von Kalb ist von nun an voll und ganz für die Erziehung ihrer beiden Kinder verantwortlich. Friedrich Hölderlin wird auf Empfehlung von Friedrich Schiller der Erzieher ihres Sohnes. Hölderlin beginnt in Waltershausen mit seinem bekannten Roman „Hyperion oder Der Eremit in Griechenland.“

Nachdem das Gut in Waltershausen wegen unglücklicher Spekulationen in Verlust gerät, übersiedelt Charlotte von Kalb 1804 nach Berlin, wo sie fortan bis zu ihrem Tod ein ärmliches Dasein fristet. Ehemann Heinrich von Kalb erschießt sich 1806, sein Sohn August Wilhelm folgt 1825 dem Beispiel seines Vaters. Mit ihrer Tochter in ärmlichen Verhältnissen lebend, betreibt sie einen Handel mit Tee, Schokolade und Luxusartikeln. Sie stirbt 1843 im 82. Lebensjahr im Schloss Montbijou bei Berlin. Ihr einziges Enkelkind Henriette Franziska stirbt 1870 ohne Nachkommen, womit die Familie von Kalb ausstirbt.

Nach dem zwanghaften Auszug der Familie von Kalb gibt es einige Wechsel bei den Schlossbewohnern. 1932 erlangt das Schloss Waltershausen mit dem mysteriösen Todesfall des damaligen Besitzers eine unerfreuliche Bekanntheit, bekannt unter dem Stichwort „Das Rätsel von Waltershausen“.

1942 ist der Reichsarbeitsdienst im Schloss untergebracht. 1944 kauft die Reichspost das Schloss. Es dient zunächst zur Auslagerung des Reichspostarchivs. Nach dem Krieg richtet die Post ein Erholungsheim ein.

Heute ist der wunderschöne Ansitz im Besitz von Dr. Ulrich Moebius.

Quelle: Reinhold Albert, Kreisheimatpfleger

Weiterführende Informationen finden Sie im Buch „Burgen, Schlösser und Kirchenburgen im Landkreis Rhön-Grabfeld“, Bad Neustadt, 2014, 19,80 Euro